Der Spiegel, 13 gennaio 2001
R E M S C H E I D
Starb Kind wegen Uranverseuchung?
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,112293,00.html

Zwölf Jahre nach dem Absturz eines A-10-Kampfflugzeuges auf ein Wohngebiet von Remscheid gibt es Hinweise auf eine Verseuchung der Unglücksstelle durch uranhaltige Munition. SPIEGEL TV berichtet von dem Leukämietod eines Kindes und vielen Erkrankungen.

Hamburg - Für die bislang entdeckten sechs Fälle von Leukämie und zwei Fälle anderer Krebserkrankungen ist nach Überzeugung der Angehörigen möglicherweise uranhaltige Munition verantwortlich. Eines der Leukämieopfer aus der Stockder Straße in Remscheid war gerade sieben Jahre alt, als es knapp zwei Jahre nach der Katastrophe starb. "Wir sind sicher, daß Sebastian sterben mußte, weil dieser Flieger abgestürzt ist", sagt seine Mutter, Rita Dudeck. Zu den weiteren Leukämiefällen gehören Anwohner aus einem Kreis von wenigen hundert Metern um die Unglückszone, aber auch ein Lokalreporter, der für seine Zeitung tagelang an der Absturzstelle im Dauereinsatz war.

Das amerikanische Kampfflugzeug jenes Typs, der auch im Kosovokrieg uranhaltige Munition verschossen hat, war am 8. Dezember 1988 auf Remscheid gestürzt. Dabei waren der Pilot und sechs Anwohner sofort getötet worden. Im anschließenden Feuer war immer wieder Munition explodiert. Die US-Streitkräfte hatten seinerzeit den Unglücksort hermetisch abgeriegelt und stets behauptet, dass sich an Bord der abgestürzten A-10 "Thunderbolt" keine Uran-Munition, sondern ausschließlich ungefährliche Übungsmunition befunden habe.

Augenzeugen des Absturzes beteuerten jedoch gegenüber SPIEGEL TV (Sonntag, 22:10 Uhr bei RTL), dass sie am Katastrophenort nicht nur blaue Übungsmunition, sondern auch andere, möglicherweise scharfe Munition gesehen haben. Diese sei von den Militärs eingesammelt worden. Fotos der Munition und deren Beschriftung deuten darauf hin, dass es sich um scharfe Geschosse handelte. Ob diese scharfen Geschosse auch einen Urankern enthielten ist jedoch noch unklar. Allerdings, so belegt Filmmaterial aus dem Jahr 1988, hatten US-Soldaten die Unfallstelle durch Zäune und rote Schilder mit der Warnung vor Radioaktivität hermetisch abgeriegelt.

Eine weitere Augenzeugin schildert eine Begegnung mit einem US-Soldaten am Tag nach dem Absturz. Der Soldat, so Christa Schwandrau, habe sie auf deutsch gewarnt, dass der Aufenthalt in dieser Zone zu riskant sei. Dann habe er gefragt, ob Kinder in dieser Gegend häufig spielten. Als Christa Schwandrau dies bejahte habe der Soldat geantwortet: "Hier können nie wieder Kinder spielen, das ist zu gefährlich." Nach diesen Worten, so die Zeugin, sei ein US-Offizier eingeschritten und habe den Soldaten am Weiterreden gehindert.